Zwischen dem 23. März und 26. August 2018 wird man im OMMT Zeuge einer „unerwarteten Begegnung“. Zwischen Modersohns kleinen Formaten hängen etwa acht Gemälde des großen Gegenwartskünstlers Gerhard Richter. Die Bilder, die aus privaten Sammlungen zusammengebracht wurden, sind kaum größer als die um ein Jahrhundert älteren Tecklenburger Landschaften. Auf den ersten Blick wirken Richters Werke radikal abstrakt. Freie Pinselspuren und Farbschlieren verlaufen in scheinbar ungeordneten Bewegungen über die Flächen. Auf den zweiten Blick entdeckt man jedoch zahlreiche Entsprechungen zu Modersohns Bildern. Dessen kleine Bilder sprühen geradezu vor malerischem Temperament. Mit gewischten und getupften Pinselstrichen schildern sie außerordentlich treffsicher Stimmungen und Natureindrücke der hügeligen Teutoburger Landschaft.
Die Lebhaftigkeit der Malweise der beiden Künstler ist durchaus vergleichbar. In faszinierenden, vielschichtigen Farbstrukturen öffnen sich geheimnisvolle Räume, Landschaften mit dämmerigem Licht, dramatische oder auch sanfte Stimmungen. Richter sieht selber etwas Landschaftliches in seinen abstrakten Malereien: „Bei einem abstrakten Bild formt sich allmählich das Bild einer Landschaft, die ich nicht kenne. Aber die Mittel sind die gleichen wie beim Entstehen einer real existierenden Szene.“
Der Kunststudent Otto Modersohn wurde von seinen Professoren kritisiert, er male „zu viele Studien“, denen die „Vollendung“ fehle. Doch der junge Maler war sich sicher: das „Fertigmalen“ verhindere die „Poesie“, die „Phantasie“ und „die Empfindung“. Auch Richter ist ein Meister der skizzenhaften und offenen Form. Man wird mit dem Sehen niemals fertig. Richters Bilder setzen den Zufall gezielt ein. Mit genauester Konsequenz erzeugen sie flirrende „Vieldeutigkeit“ und bewegte „Unendlichkeit“. „Bilder, die deutbar sind und die Sinn enthalten, sind schlechte Bilder. Ein Bild stellt sich dar als das Unübersichtliche, Unlogische, Unsinnige. Es demonstriert die Zahllosigkeit der Aspekte, es nimmt uns unsere Sicherheit.“
Die Gegenüberstellungen von Richter und Modersohn bewirken, dass man die Bilder beider Künstler mit neuen Augen betrachtet. Ein Feuerwerk von Empfindungen, so könnte man den Eindruck dieser Bild-Dialoge zusammenfassen.